New York - Lake Michigan

Sport Performance

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Tagebuch 1. Teil: New York - Lake Michigan

PROLOG: Freitag, 18.08.06: New York City - 18,26 km
Gesamt: 18,26 km - Aufstieg: 48 hm - Abfahrt: 41 hm
AVG: 20,1 km/h - Zeit netto: 0:53 h - Zeit brutto: 1:45 h
Wetter: 20°C, leicht bewölkt

Nun geht es also wieder los...
Wie die letzten Tage vor dem Abflug schon bin ich auch während des Fluges nicht gerade optimistisch und habe ein sehr flaues Gefühl in der Magengegend, was diesen zweiten Versuch angeht. Nur knapp 12 Monate, nachdem ich völlig entnervt aufgegeben habe und geschworen hatte, frühestens in 15 Jahren wieder...

Wenigstens kommen keine weiteren Probleme hinzu, mein Rad hat den Transport von München gut überstanden, auch der Zusammenbau in der Ankunftshalle vom JFK-Airport klappt sehr zügig. Den Karton kann ich bei einem schwarzen Airportmitarbeiter entsorgen, von dem ich aber wegen seines Slangs kein einziges Wort verstehe.

Eigentlich wollte ich ja mit dem Rad vom Flughafen zur Brooklyn Bridge fahren, der Immigration Officer rät mir jedoch stark davon ab. Also packe ich mein Rad in die U-Bahn und fahre bis zur Brücke. Nachdem ich etwas mühevoll die Brückenauffahrt gefunden habe, folgt das erste Hochgefühl der Tour. Auf dem Rad-/Fussweg in der Mitte der Brücke gehts nach Manhattan, die Skyline immer vor Augen. Die Motivation steigt immens, es ist sehr gutes Gefühl, wieder auf amerikanischem Boden Rad zu fahren.

Am Brückenende in Manhattan sehe ich ein Radfahrerpärchen um die 60 Jahre, er trägt ein Trikot mit der Werbung einer deutschen Brauerei. Sie sind aber Amerikaner aus Woodstock (liegt in drei Tagen auf meiner Strecke) und im Urlaub hier. Sie sprechen mir Mut zu, ein Bekannter hat es auch geschafft, er war damals 77 Jahre alt, deswegen sollte es für mich doch kein Problem werden!

Zum Hotel in der Nähe des Central Parks gelange ich dann dank des Radweges, der um ganz Manhattan herumführt, absolut problemlos. Nur der Aufzug erweist sich beinahe als zu klein, Hochkant hat mein Rad dann aber doch noch Platz. Den Abend lasse ich dann im Lichtermeer des Times Square ausklingen, richtig wohl ist mir aber immer noch nicht.

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RUHETAG: Samstag, 19.08.06: New York City

Den Tag starte ich mit einer Laufrunde im Central Park, wo gleichzeitig ein Radrennen stattfindet. Hätte mich ja wirklich gereizt, ein wenig mitzufahren...

Meinen letzten radfreien Tag verbringe ich mit Sightseeing, im Eiltempo durch das Standard-Touristenprogramm von New York. Hinauf auf das Empire State Building, eine Führung bei der UNO, dann zur Wall Street und weiter zur Freiheitsstatue.

Irgendwie schwanke ich den ganzen Tag zwischen Verzweiflung und Siegeszuversicht, aber egal, ab morgen wird geradelt, it’s just cycling...

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1.TAG: Sonntag, 20.08.06: New York City - Staatsburg - 144,09 km
Gesamt: 162,4 km - Aufstieg: 1107 hm - Abfahrt: 1075 hm
AVG: 21,9 km/h - Zeit netto: 6:35 h - Zeit brutto: 8:00 h
Wetter: 24-36°C, leicht bewölkt

Der erste Tag, alles andere als eine leichte Startetappe, auch wenn es am Hudson River entlang nach Norden geht. Ein ständiges Auf und ab, dazu nachmittags noch sehr warm. Mich stimmt jedoch zuversichtlich, dass ich ohne große Probleme mein Tagesziel erreiche, körperlich stimmt die Form, der Kopf spielt auch ganz vernünftig mit.

Beim Start am Morgen in New York habe ich aber noch Probleme mit der Schaltung, die wohl während des Fluges einen Schlag abbekommen hat. Die Brückenauffahrt der Washington Bridge muss ich deshalb auch schieben. Einige Radfahrer auf der anderen Seite helfen mir aber bei der Suche nach einem Bikeshop, der glücklicherweise Sonntags offen hat. Zwei Mitarbeiter machen draußen ein Barbecue, die anderen beiden arbeiten innen. Sehr zügig wird alles gerichtet, danach funktioniert alles wie geschmiert. Als ich erwähne, dass ich nach San Francisco fahre, geht die Reparatur aufs Haus. Ich werde sogar zum Barbecue eingeladen, aber da ich heute noch einen weiten Weg habe, will ich nicht nach 20 km sitzen bleiben.

Die Orientierung funktioniert dank der Bikemaps aus dem Internet sehr gut, meist geht es auf der Route 9 nach Norden. Nach und nach finde ich immer besser meinen Rhythmus, ab der Bear Mountain Bridge zur Hälfte der Tagesstrecke wird das Profil auch etwas gleichmäßiger, so dass ich besser voran komme. Einen großen Anteil daran hat auch mein MP3-Player, den ich von nun an fast ständig in Betrieb habe. Es ist ganz angenehm, nicht dauernd die Geräusche von Fahrrad, Straße und Wind zu hören.

Lediglich in Poughkeepsie verliere ich meine Route, ein freundlicher Abschleppwagenfahrer lotst mich aber wieder auf den rechten Weg, auf dem ich dann auch den Mills-Norrie-State Park erreiche. Mit meiner Ankunft um 16 Uhr bin ich etwas früher dran als gedacht, nach der Dusche nutze ich die Zeit, um ausgiebig zu relaxen, morgen geht es ja dann wirklich in die Berge.

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2.TAG: Montag, 21.08.06: Staatsburg - Walton - 153,47 km
Gesamt: 315,8 km - Aufstieg: 1313 hm - Abfahrt: 803 hm
AVG: 21,6 km/h - Zeit netto: 7:05 h - Zeit brutto: 8:00 h
Wetter: 18-37°C, leicht bewölkt, kaum Wind

Der Start in den zweiten Tag klappt gut, besser als ich nach meinen Gefühlen in New York erwarten konnte. Nach 20 km gibts es in Rhinebeck in der Bäckerei im Supermarkt ein Frühstück, dass ich auf einer Bank vor dem Laden esse. Dabei komme ich einem Angestellten, Michael, ins Gespräch, der gerade seine Zigarettenpause macht. Er erzählt, dass er deutsche Vorfahren hat, dann seine halbe Lebensgeschichte, aber irgendwie sehr sympathisch.

Dann überquere ich nochmals den Hudson River und schlage damit wirklich meinen Weg nach Westen ein. Auf einer County Road fahre ich nun die Catskill Mountains hinauf und dabei fast den ganzen Tag durch den Wald. Bis Woodstock steigt die Straße schön gleichmäßig an, Hippies sehe ich keine, aber einige esoterische Läden und Kunsthändler...

Bis Margaretville wird es wieder unrhythmischer, deswegen kommt mir die Library und der Internetzugang sehr gelegen, ehe ich nach einer Stunde wieder aufbreche. Die Route 28 führt dann am Pepacton Reservoir entlang, ausgesprochen flach, so dass ich mit gutem Tritt sehr schnell nach Downsville komme. Den längeren Schlussanstieg zum Bear Mountain Campground habe ich erwartet, dass es nach der Abzweigung aber wieder 100 m nach unten geht, nervt etwas, schließlich muss ich dort morgen früh wieder nach oben.

Die fehlenden Duschen kompensiere ich mit einem Bad im See, mein fehlendes Benzin für den Kocher durch das Überreden der Rangerin, die mich die Küche in ihrer Hütte benutzen lässt. So komme ich zu meinem Abendessen, Nudeln ohne alles. Nicht besonders schmackhaft, aber als Energielieferant einigermaßen brauchbar...

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3.TAG: Dienstag, 22.08.06: Walton - Moravia - 158,40 km
Gesamt: 474,2 km - Aufstieg: 1889 hm - Abfahrt: 2200 hm
AVG: 21,3 km/h - Zeit netto: 7:25 h - Zeit brutto: 9:15 h
Wetter: 10-35°C, morgens kühl und neblig, später warm und sonnig

Die Catskill Mountains sind morgens noch eingehüllt in sehr tiefhängende Wolken, oftmals tauche ich in sehr dichten Nebel ein, wenn ich wieder in ein Tal abfahre. Viele Höhenmeter sind heute zu überwinden, mehr als ich gedacht hatte. Besonders rund um Masonville klettere ich immer wieder längere Anstiege hinauf, um dann auf der anderen Seite gleich wieder abzufahren.

In Whitney Point habe ich dann den anstregensten Part hinter mir, nach der Mittagspause geht es zügig weiter Richtung Cortland. Jedoch stoppt mich kurz nach Marathon der erste Platten meiner Tour, nachdem ich über etwas Spitzes gefahren bin. Da es das Hinterrad erwischt hat, muss ich alles Gepäck abladen, nach 25 Minuten bin ich aber wieder unterwegs. Schlimm ist nun, dass ich bei jedem kleinen Geräusch gleich wieder Probleme vermute, die mir aber bis auf weiteres erspart bleiben.

Nach Cortland komme ich über Nebenstraßen gut nach Moravia, wobei ich nochmals mehrere Anstiege bewältigen muss. Auf dem Filmore Glen State Park schlage ich mein Zelt auf und informiere mich bei dem freundlichen Mädel im Office nach einem Restaurant und einer Wäscherei, da ich der Ansicht bin, mir ein vernünftiges Essen und frisch gewaschene Radkleidung für morgen verdient zu haben.

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4.TAG: Mittwoch, 23.08.06: Moravia - Le Roy - 166,18 km
Gesamt: 640,4 km - Aufstieg: 840 hm - Abfahrt: 858 hm
AVG: 23,7 km/h - Zeit netto: 7:00 h - Zeit brutto: 9:30 h
Wetter: 13-31°C, sonnig, leichter Wind aus allen Richtungen

Eigentlich habe ich heute nur eine relativ flache Etappe hin Richtung Kanada erwartet, etwas mehr wurde ich dann doch gefordert. Doch wie schon die letzten Tage fahre ich auch morgens relativ locker, sowohl körperlich als auch mental.

Nach Moravia folge ich zuerst der Uferstraße des Owasco Lake, ab Auburn bleibe ich dann für 105 km auf der Route 20, die zwischen normaler Landstraße und autobahnähnlicher Schnellstraße wechselt, aber im Großen und Ganzen auch vom Verkehr her ganz gut zu fahren ist. Ausserdem führt sie eigentlich direkt nach Westen, was schließlich die Hauptsache ist...

Ansonsten bietet der Tag wenig Highlights, nach der Internetpause in Seneca Falls bin ich für die Unterhaltung selbst verantwortlich, was aber ganz passabel funktioniert und die Stimmung konstant auf normalem Niveau bleibt.

Heute übernachte ich zum ersten Mal auf einem privatem Zeltplatz, dem Le-Ti-Too, der mit 24$ bedeutend teurer ist als die Staatlichen. Dafür bietet er einen Swimming Pool und einen kleinen Laden, was sich beides als sehr angenehm erweist. Ausserdem ist die Besitzerin sehr nett und bietet mir gratis so viel Benzin an, wie ich für meinen Kocher brauche. Endlich kann ich also meine Nudeln über meinem eigenen Kocher zubereiten, geschmacklich verändert sich aber nichts...



5.TAG: Donnerstag, 24.08.06: Le Roy - Dunnville - 180,24 km
Gesamt: 820,6 km - Aufstieg: 284 hm - Abfahrt: 303 hm
AVG: 24,5 km/h - Zeit netto: 7:20 h - Zeit brutto: 9:00 h
Wetter: 15-29°C, stark bewölkt, leichter Rückenwind

Gestern abend notierte ich mir in mein Tourtagebuch als Tagesmotto für heute: “Nur keine Dummheiten machen!”, sprich einfach an den Niagarafällen weiter Richtung Westen fahren. Ich kann also sagen: Tagesziel erfüllt!

Heute wurde es endlich richtig flach, um 12 Uhr habe ich deshalb schon die ersten hundert Kilometer auf dem Tacho stehen. Etwa gleichzeitig, kurz vor Niagara Falls, erlebe ich dann ein Motivationshoch der besonderen Art. Ich fahre an Vorgärten vorbei, als eine Frau aus einer Einfahrt ruft: “Are you cycling across the country?”, was ich lautstark bejahe. Sie wünscht mir daraufhin “Good Luck!” und zeigt mir einen Daumen-Hoch. Es ist einfach ein klasse Gefühl, wenn man von fremden Leuten spontan so eine Anerkennung erhält!

An den Niagarafällen bleibe ich nur kurz, die hatte ich schließlich letztes Jahr zur Genüge betrachtet und dann am nächsten Tag aufgegeben. Auf diese Wiederholung kann ich getrost verzichten.

Irgendwie scheint Kanada mich nicht wirklich zu mögen, positiv war unser Verhältnis heute nicht. Zuerst muss ich am Grenzübergang im Stau zwischen den ganzen Autos warten, dann ist der Himmel sehr bewölkt, ich rechne jeden Moment mit Regen (der aber nicht kommt). Zu allem Überfluß finde ich dann meinen geplanten Weg ab Niagara Falls nicht.

Ich schlage dann eine Richtung grob Richtung Südwesten ein und komme so nach Port Colbourne, von wo es nach einer Rast weiter entlang des Eriesee nach Dunnville geht, ein Umweg von letztlich 10 km, dafür teilweise nette Ausblicke auf den See, immerhin. Der Campground, die Byng Island Conservation Area, ist sehr groß, über 500 Sites. Mir eindeutig zu groß und unübersichtlich, dazu ist meine Site nicht besonders sauber, aber egal. Letztlich zählt, dass ich nun wohl oder übel weiter bis zum Lake Michigan fahren muss...

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6.TAG: Freitag, 25.08.06: Dunnville - Port Burwell - 123,59 km
Gesamt: 944,2 km - Aufstieg: 285 hm - Abfahrt: 255 hm
AVG: 26,5 km/h - Zeit netto: 4:40 h - Zeit brutto: 7:00 h
Wetter: 18-28°C, morgens leichter Regen, stark bewölkt, kaum Wind

Heute stand ja eigentlich nur eine kurze Etappe auf dem Programm, aber anscheinend habe ich das als Einladung zum Trödeln verstanden. Morgens warte ich deshalb erst mal das Ende des Regens ab, ehe ich gegen 9 losfahre. Etliche Kilometer macht mir ein unbewegliches Kettenglied zu schaffen, ehe ich mich auf das Teflonöl besinne, dass ich mir im Bikeshop in New York gekauft hatte und heute den Kauf rechtfertigt.

In Port Dover bleibe ich dann längere Zeit in der Library und verzichte vor der Weiterfahrt auf ein ausgiebiges Mittagessen, weshalb ich mich am Tagesende in Port Burwell auch etwas leer fühle. Landschaftlich ist dabei nichts Großes zu Erleben, kaum richtige Orte, meist Farmen und alles völlig flach.

Auf dem Campground in Port Burwell erlebe ich dann einen herzlichen Abend. Gerade als ich in mein Zelt gehen wollte, kommt ein Mann vorbei, sieht mein Rad und fängt eine Unterhaltung an. Abschließend meint er, wenn ich noch Lust hätte, könnte ich gerne zur Campsite 59 kommen, dort sei gerade ein Familientreffen im Gange und ich sei herzlich Willkommen. Natürlich nehme ich die Einladung dankend an und verschiebe die Gute-Nacht um drei Stunden, um mich mit der ganzen Familie bei Getränken und Keksen am Lagerfeuer über Gott und die Welt zu unterhalten...

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7.TAG: Samstag, 26.08.06: Port Burwell - Sombra - 174,40 km
Gesamt: 1118,6 km - Aufstieg: 209 hm - Abfahrt: 202 hm
AVG: 28,1 km/h - Zeit netto: 6:15 h - Zeit brutto: 8:00 h
Wetter: 16-31°C, leicht bewölkt, etwas Rückenwind

Der Start heute verläuft etwas zäh, der Himmel ist noch sehr bewölkt und damit wenig stimmungsaufhellend. Das ändert sich aber nach 15 km, als ich mir zwei Radfahrer entgegenkommen. Es sind Sandy und Tim, die seit zweieinhalb Monaten von Alaska aus Richtung Ostküste unterwegs sind. Täglich legen sie knapp 60 Meilen zurück und sind über meine 100 sehr erstaunt. Sie beglückwünschen mich zu meiner Route über den Yellowstone, auch wenn ihr Weg weiter nördlich durch Kanada auch sehr schön gewesen sei. Wir verabschieden uns, kurz danach grüße ich noch einen dritten Radfahrer, der etwas hinter den beiden zurück hängt.

Lustig ist bis zum Mittag eigentlich nur ein Schild, dass den Weg in Richtung einer Ortschaft ’Dresden’ weist. Zwar habe ich gerade die ersten 1000 km vollendet, offensichtlich bin ich aber noch sehr weit im Osten... manchmal helfen einem solche lustigen Gedanken mehr als man denkt, um die Stimmung zu heben.

Nach dem Mittagessen in Glencoe geht es dann zum ersten Mal richtig lange geradeaus, 55 km bis zum Tagesziel nach Sombra, dazu völlig flach. Als irgendwann meine Motivation etwas nachlässt, ist eine Selbstgesprächstandpauke nötig, um mich bei Rückenwind wieder auf die schönen Aspekte dieser Tour zu besinnen.

In Sombra errichte ich dann mein Zelt zwischen lauter RV’s, den sehr großen amerikanischen Wohnmobilen. Sieht zwar etwas komisch aus, mir ist letztlich egal. Am Ufer des St. Clair River, der zugleich Staatsgrenze zu den USA ist, gönne ich mir nach dem Abendessen noch ein Eis Medium-Size. Bei der Größe hätte ich aber dann gerne gewusst, wie gigantisch die Large-Version gewesen wäre...

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8.TAG: Sonntag, 27.08.06: Sombra - Durand - 152,57 km
Gesamt: 1271,2 km - Aufstieg: 377 hm - Abfahrt: 328 hm
AVG: 25,0 km/h - Zeit netto: 6:05 h - Zeit brutto: 8:30 h
Wetter: 20-24°C, Regen, nachmittags etwas freundlicher

Wenn ich nach diesem Tag auf die Idee kommen sollte, aufgeben zu wollen, dann sollte ich mich fragen, warum ich mir das heute angetan habe. Angenehm war das heute kaum eine Sekunde.

Angefangen hat es schon in der Nacht mit einem heftigen Gewitter, das mein Zelt durchgeschüttelt hat. Beim Zusammenpacken werde ich dann von Moskitos terrorisiert, was mich zu einer neuen Bestzeit im Verlassen des Zeltplatzes treibt.

Mit der Fähre geht es dann wieder zurück in die USA, dort werde ich nach wenigen  Kilometern von einem Regenguß begrüßt. Meine Motivation ist nach 25 km wirklich am Boden. Nicht dass ich die gesamte Tour in Frage stelle, aber für heute habe ich keine Lust mehr. Dennoch beschliese ich, einfach weiterzufahren und verspreche mir als Belohnung bei guter Leistung ein Hotelzimmer.

Auch wenn sich Michigan als hügeliger herausstellt als erwartet, komme ich gut bis Durand nach 150 km, auch weil der Regen im Tagesverlauf aufhört. In Durand nehme ich das einzige Motel im Ort, sowohl preislich (38$) als auch von der Ausstattung ganz okay. Im Zimmer breite ich mein ganzes Gepäck inklusive Zelt und Schlafsack aus, einiges ist heute etwas feucht geworden. Die Kleidung fahre ich in die Wäscherei in der Nähe.

Mein Etappenziel heute habe ich leider um 20 km verpasst, dennoch habe ich unter diesen Bedingungen eine super Leistung gebracht. Für die nächsten Tage habe ich das Problem, dass die Fähre über den Lake Michigan Reservierungen empfiehlt, ich mir aber über meinen genauen Zeitplan etwas unsicher bin. Einerseits wäre es schlecht, in Muskegon einen Tag auf die Fähre warten zu müssen, noch schlimmer wäre aber, die gebuchte Überfahrt zu verpassen.

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9.TAG: Montag, 28.08.06: Durand - Rockford - 150,22 km
Gesamt: 1421,4 km - Aufstieg: 367 hm - Abfahrt: 336 hm
AVG: 27,7 km/h - Zeit netto: 5:30 h - Zeit brutto: 8:00 h
Wetter: 17-27°C, vormittags freundlich, ab Mittag Regen

This may be the worst day of my tour...finally, it was one of the best!
Was ich heute an Auf und Ab erlebt habe und zu was für einem guten Ende es kam, ich kann mich wirklich nur noch glücklich schätzen.

Angetrieben von schönem Wetter lege ich die ersten Kilometer sehr zügig zurück, so dass mir die 200km bis Muskegon zur Fähre machbar erscheinen und ich für morgen einen Platz buche. Auch nach dem zweiten Platten dieser Tour nach 100 km mache ich mir nicht wirklich Sorgen, auch wenn mir damit die Reserveschläuche ausgegangen sind, ich habe es schlicht vergessen, nach dem ersten Defekt neue Schläuche einzukaufen.

Dann kommt es wirklich übel. Zuerst setzt der Regen ein, dann merke ich, wie ich immer schlechter vorankomme. Bei der Prüfung des Hinterrades stelle ich Luftblasen am Mantel fest, der ziemlich ramponiert aussieht. Ich habe 150 km zurückgelegt, nun stehe ich im starken Regen ziemlich ratlos am Straßenrand.

Als glückliche Fügung stoppt knapp drei Minuten später ein junger Motorradfahrer, Josh, an und bietet mir Hilfe an. Auf seinem Motorrad fährt er mich zu einem Radgeschäft, dass nur zwei Meilen entfernt ist, mein Rad werde er gleich mit seinem Pick-Up-Truck nachliefern, ich solle derweil meine Ersatzteile kaufen. Kurze Zeit später kommt er mit seinem Cabrio samt meines Rades zurück. Bevor ich jedoch hier im Regen mein Rad repariere solle ich dies lieber bei ihm in der Garage tun. Falls ich heute auch nicht mehr weiterfahren wolle, könne ich gerne bei ihm übernachten. In dieser Situation kann ich diese Gastfreundschaft einfach nicht ausschlagen.

Zu Hause begrüßt uns dann seine Mutter Sue und nimmt mich gleich sehr freundlich auf. Nach getaner Reparatur kann ich duschen, bekomme Essen und ein Bett, einfach nur noch unbeschreiblich. Zwar muss ich morgen früh um sechs Uhr losfahren, um meine Fähre zu erreichen, aber mit so einem Erlebnis im Rücken sollte das wahrlich kein Problem sein!

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10.TAG: Dienstag, 29.08.06: Rockford - Muskegon - 72,38 km
Gesamt: 1493,8 km - Aufstieg: 190 hm - Abfahrt: 237 hm
AVG: 25,2 km/h - Zeit netto: 2:45 h - Zeit brutto: 3:00 h
Wetter: 16-22°C, leicht bewölkt, kaum Wind

Sehr früh geht es heute in die Dunkelheit, um meine Fähre in Muskegon zu erreichen. Der Regen hat in der Nacht aufgehört, kalt ist auch nicht mehr. Der Wettergott hat nach zwei miserablen Tagen ein Einsehen mit mir.

Weil auch der neu montierte Reifen hält, erreiche ich die Fähre knapp eine dreiviertel Stunde zu früh, aber nach den letzten Tagen bin ich nur noch glücklich, das erste Kapitel meiner Reise abschließen zu können und in den Mittleren Westen starten zu können.

Auf der ‘Lake Express’, einer topmodernen Hochgeschwindigkeitsfähre, nutze ich die Zeit zunächst, um etwas zu schlafen. Dann hebt der Ausblick von Deck Richtung Westen meine Stimmung nochmals gewaltig, blauer Himmel und Sonnenschein begrüßen mich in Wisconsin. Alles scheint angerichtet für die nächsten Schritte Richtung Westen...

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